Der verdeckte Stellenmarkt

Der verdeckte Stellenmarkt

FRAGE: «Ich durchforsche seit über vier Monaten Stelleninserate in Zeitungen und im Internet auf der Suche nach einer Projektleiterstelle im Bankensektor. Bewerbe ich mich auf eine ausgeschriebene Stelle erhalte ich nur Absagen. Nach gut 60 Bewerbungen weiss ich nicht mehr weiter. Können Sie mir Tipps geben, wie und wo ich erfolgreich eine Stelle finde?»

ANTWORT: Die meisten Stellensuchenden bewerben sich nur auf ausgeschriebene Stellen in Tageszeitungen oder im Internet. Was aber nutzen die schönsten Bewerbungen, wenn sich auf ein Inserat bis zu 100 Bewerber melden? Mit dieser Bewerbungsstrategie alleine bleibt es eine Glückssache, wenn Sie die Stelle bekommen.

VERDECKTER STELLENMARKT. Der sogenannte offene Stellenmarkt im Internet und in den Printmedien stellt eine mögliche Quelle dar, um einen Job zu finden. Umfragen in Deutschland haben ergeben, dass zwischen 50 und 70 Prozent der Stellen nicht ausgeschrieben werden. Man spricht vom grauen oder verdeckten Stellenmarkt. Solche Stellen werden unter anderem intern mit Hilfe des Firmenintranets oder durch Headhunter besetzt. Unternehmen legen sich zum Teil auch Datenbanken von Stellensuchenden (meist aus Spontanbewerbungen) an, die dann bei Bedarf nach passenden Profilen durchsucht werden.

NICHT ABWARTEN. Während einer meiner Laufbahnberatungen hat ein Klient sein Interesse bekundet, in einer ganz bestimmten Firma arbeiten zu wollen. Ich habe ihn ermuntert, direkt beim Abteilungsleiter dieser Firma anzurufen und über seine Erfahrungen in diesem Industriebereich zu erzählen, und nicht abzuwarten, bis dort eine Stelle frei wird. Es war keine Stelle frei. Dennoch wurde er gebeten, seinen Lebenslauf zu schicken. Einen Monat später erhielt er eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Aufgrund einer Kündigung ist eine Stelle frei geworden. Mein Klient hat die Stelle erhalten.

Um bei der Stellensuche erfolgreich zu sein, zahlt es sich aus, sowohl den offenen als auch den verdeckten Stellenmarkt zu bearbeiten. Der verdeckte Stellenmarkt verlangt jedoch ein grösseres Engagement, da (noch) kein konkreter Bedarf besteht. Heben Sie deshalb bei den folgenden Strategien immer Ihre Stärken und Kompetenzen hervor, bezogen auf die gewünschte Position oder Funktion. Überlegen Sie sich zudem detailliert, was Sie anbieten können und belegen Sie dies mit Beispielen.

KONKRETE STRATEGIEN.
• Bauen Sie frühzeitig Berufsnetzwerke auf, und pflegen Sie diese intensiv, damit Ihnen diese bei Bedarf zur Verfügung stehen (Business-Clubs, Berufsverbände).
• Aktivieren Sie Ihr Beziehungsnetzwerk. Kontaktieren Sie alle Personen, die Ihnen bei der Stellensuche behilflich sein könnten (Berufs- und Firmenkontakte, Schulfreunde, Vereine). Erzählen Sie diesen, was Sie können und fragen Sie nach, ob in deren Firma eine Person mit diesen Kompetenzen gefragt ist.
• Schreiben Sie Spontanbewerbungen, diese jedoch direkt an die Linienvorgesetzten, denn die wissen am besten, wo und wann ein Bedarf besteht.
• Lassen Sie sich entdecken. Stellen Sie Ihr Berufsprofil auf eine Internetplattform wie Xing oder LinkedIn. Schreiben Sie in Internetforen mit.
• Machen Sie sich interessant. Halten Sie über Ihr Fachgebiet Vorträge, oder schreiben Sie darüber einen Artikel.
• Besuchen Sie Tagungen, Firmenbesichtigungen und Firmenvorträge und verwickeln Sie die anwesenden Personen in spannende Gespräche.
• Analysieren Sie Firmeninternetseiten und Fachzeitschriften nach Artikeln zu Ihrem Fachgebiet. Schreiben Sie den erwähnten Personen eine E-Mail mit einer interessanten Ergänzung.
• Kontaktieren Sie verschiedene Personalvermittler. Diese haben oft einen guten Überblick über offene, aber noch nicht ausgeschriebene Stellen.

Michael F. Gschwind ist Psychologe FSP. Er arbeitet in der mfgschwind human consulting als Experte für Laufbahnberatung, Coaching, Selbst- und Stressmanagement. www.mfgschwind.ch