Freizeitstress

Freizeitstress

Stressfalle Ferien

FRAGE: «Im Herbst gönne ich mir immer 2 Wochen Ferien. Pünktlich und wie bestellt bin ich zu dieser Zeit meist krank oder völlig überarbeitet. Von Erholung kann keine Rede sein. Was kann ich tun, um das zu ändern?»

ANTWORT: Keiner zweifelt daran, dass die Zeit der Erholung ein essenzielles menschliches Bedürfnis ist. Doch viele Menschen werden krank, sobald die ersten Ferientage angebrochen sind. Psychologen nennen dies das «Over-The-Hill-Syndrom». Die hohe Arbeitsbelastung und der Zeitdruck im Alltag sind so gross, dass die Entspannung auf Knopfdruck nicht gelingt (und nicht gelingen kann). Um den hohen Belastungen gewachsen zu sein, reagiert der Körper mit einer übermässigen Produktion des Stresshormons Cortisol, das für vorübergehende Widerstandskraft sorgt. Hält dieser Stresspegel jedoch an, kommt es zu einer tiefen Erschöpfungsphase, weil wir zu lange «über unsere Ressourcen» gelebt haben. Werden dann an die Ferien überhöhte Wunschvorstellungen von Wohlbefinden und Entspannung gestellt, müssen wir feststellen, dass uns dazu Kraft und Nerven fehlen. Wir sind enttäuscht, was wiederum die Stresskurve weiter ansteigen und uns krank werden lässt.

TECHNIKSTRESS. Neuerdings kommt ein weiterer Belastungsfaktor hinzu. Viele Menschen sind in den Ferien nicht nur in steter Verbindung mit Freunden und Verwandten via Mobiltelefon, sondern auch täglich online und beruflich immer auf dem neuesten Stand. Alle Leistungsbereitschaft in Ehren: Die Frage sollte sein, wie viel nötig und nicht wie viel möglich ist. Die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit ist verschwommener geworden. Heute ist der idealtypische Arbeitnehmer ständig erreichbar, geographisch unabhängig und zeitlich flexibel. Aus dieser Reizüberflutung und dem Gefühl permanenter Verfügbarkeit resultiert eine tiefe Erschöpfung. In Zeiten der fortschreitenden Technisierung aller Lebensbereiche ist Ruhe immer mehr zum seltenen Luxus geworden. Dabei ist es gerade die Ruhe, die entscheidend für die menschliche Kreativität ist. Die besten Ideen entstehen nicht am Schreibtisch, sie kommen, wenn die Zeit zur Musse da ist. Deshalb gilt: Wer ein Handy hat, hat auch einen Knopf, um es auszuschalten. Tun Sie es! Machen Sie Ferien vom Technikstress und laden Sie Ihre ganz persönlichen Akkus wieder auf!

AKTIVE GESTALTUNG. Der Übergang von Stress und Erholung sollte aktiv gestaltet werden – etwa indem Sie zu Beginn Ihrer Ferien erst einmal eine Extrarunde Sport und viel Bewegung einlegen, bevor es auf Reisen geht. Planen Sie etwaige Erledigungen frühzeitig und delegieren Sie Aufgaben an andere, so kann jeder etwas zu einem entspannten Start in die Ferien beitragen. Erledigen Sie nur Dinge, die auch wirklich im Vorfeld erledigt werden müssen. Halten Sie den Tag vor Ihrer Abreise frei, damit Sie ganz entspannt starten können. Informieren Sie Freunde, Verwandte und Kollegen darüber, dass Sie in den Ferien sind und nicht erreichbar sein werden. Machen Sie sich im Vorfeld Ihrer Reise bewusst, dass die Ferien nicht all das kompensieren können, was Sie im Alltag versäumt haben. Vermeiden Sie übertriebene Erwartungen an sich selbst, unternehmen Sie lieber eine Sache richtig als viele Dinge halbherzig. Versuchen Sie locker zu bleiben- es hilft ihnen nichts, gleich nach der Ankunft alles sehen und machen zu wollen, um dann am nächsten Tag erschöpft zu sein. Vermeiden Sie den täglichen Blick in Ihre Emails und schalten Sie Ihr Mobiltelefon nur in Notfällen an. Planen Sie einige Tage zu Hause ein, an denen Sie die Ferien entspannt ausklingen lassen können.

Michael F. Gschwind, Psychologe FSP, unterstützt als Laufbahnberater und Coach Personen in beruflichen Veränderungsprozessen. > www.mfgschwind.ch