Die Psychologie der Kaffeepause

Die Psychologie der Kaffeepause

Die Psychologie der Kaffeepause

FRAGE: Was mich immer schon interessiert hat, ist das Phänomen der Kaffeepause. Es ist ein Ritual, das überall gebräuchlich ist und als selbstverständlich angenommen wird. So lange gibt es die Kaffeepause aber vermutlich noch gar nicht. Ich möchte gerne wissen, weshalb sie sich so durchgesetzt hat. Was nützt sie eigentlich konkret? Was genau wird aus psychologischer Sicht durch die Kaffeepause bewirkt?

ANTWORT: Man ist sich nicht darüber einig, wann und wo genau mit der Kaffeepause begonnen wurde. Fakt ist aber, dass bis Mitte des 20. Jahrhunderts der Arbeitsunterbruch rund um das heisse Koffeingetränk so weit etabliert war, dass Arbeitnehmer bereit waren, für ihre Kaffeepause zu streiken. Schon 1901 soll die Liebe seiner Arbeiter zum Kaffee Luigi Bezzera unwillentlich dazu gebracht haben, eine der ersten Espressomaschinen zu erfinden. Dies als er versuchte, die Kaffeepause seiner Arbeiter durch eine schnellere Kaffeebrühmethode zu verkürzen. Heutzutage ist die Kaffeepause in praktisch jedem Büro etabliert und eine wichtige Gelegenheit, um kurz zu entspannen und sich mit den Bürokollegen auszutauschen.

KONZENTRATION UND KOFFEIN. Auf die Arbeitsqualität haben regelmässige Pausen bewiesenermassen einen positiven Einfluss. Wie jeder an sich selbst beobachten kann, ist es kaum möglich, stundenlang ohne Unterbruch an einer Aufgabe zu sitzen, ohne an Konzentrationsfähigkeit einzubüssen. Schon kurze Pausen können dazu beitragen, dass wieder Energie aufgetankt und besser gearbeitet werden kann.

Kaffee selbst hat neben dem guten Geschmack noch einige weitere glückliche Eigenschaften. So kann das im Kaffee enthaltene Koffein die Aufmerksamkeit erhöhen und die Gedächtnisleistung verbessern. Dabei ist jedoch zu beachten, dass grössere Mengen bei komplizierten Aufgaben zu einer Abnahme der Leistungsfähigkeit führen können. Dieser Effekt kommt dadurch zustande, dass eine allzu grosse Erregung wieder zu einer Abnahme der Konzentrationsfähigkeit führen kann. Das ist etwa dann zu beobachten, wenn man vor der eigenen Präsentation, wenn man richtig nervös ist, erfolglos versucht, der vorhergehenden Präsentation aufmerksam zuzuhören. Um die beste Wirkung auf die mentalen Fähigkeiten zu erzielen, wird empfohlen, über den Tag verteilt mehrere kleine Portionen Kaffee zu trinken – beispielsweise in den Kaffeepausen.

FREUNDLICH-MACHER. Die Kaffeepause ist aber natürlich viel mehr als nur ein Unterbruch der Arbeit; sie ist eine Gelegenheit, um mit den Arbeitskollegen Zeit zu verbringen und entspannt ein bisschen zu plaudern. Natürlich könnten Sie genauso gut am Arbeitsplatz miteinander reden. Wissenschaftliche Erkenntnisse der letzten Jahre geben aber einen ausgezeichneten Grund dafür, weshalb das Büropläuderchen tatsächlich am besten mit einer heissen Tasse Kaffee in den Händen gemacht werden sollte. Es wurde nämlich beobachtet, dass Personen, die eine warme Tasse in den Händen halten, andere netter und wärmer einstufen und sich selbst sozialer verhalten. Dieses interessante Phänomen könnte also in der Kaffeepause dazu führen, dass sich die Bürokollegen einander gegenüber freundlicher eingestellt fühlen, positiver miteinander kommunizieren und allgemein herzlicher miteinander umgehen. Dies kann für die Zusammenarbeit und das allgemeine Wohlbefinden im Büro sehr förderlich sein. Und all das durch eine einfache Tasse Kaffee – wenn das nicht ein Grund mehr ist, um sich auf die nächste Kaffeepause zu freuen!

* Michael F. Gschwind, Psychologe FSP, unterstützt als Laufbahnberater und Coach Personen in beruĻichen Veränderungsprozessen und Unternehmen im Bereich Arbeitszufriedenheit. > www.mfgschwind.ch