Kreativität

Kreativität

Wann haben wir kreative Ideen?

Frage: In meinem Beruf ist es sehr wichtig neue, innovative Ideen zu liefern. Was mich nun interessieren würde ist, in welchem Umfeld kreative Leistung am meisten gefördert wird. Was gibt es da für Ansätze - wo entstehen kreative Ideen?

Antwort: In welcher Arbeitsumgebung arbeiten wir am kreativsten? Beginnen wir damit, wo es kreative Ideen schwer haben - nämlich im typischen Unternehmen. Daniel Pink, ein amerikanischer Schriftsteller, argumentiert, dass viele heutige Unternehmen veraltete Strategien einsetzen, die ihre Mitarbeiter in ihrer Fähigkeit einschränken, kreativ zu denken. Laut Pink setzen Unternehmen Strategien des 20. Jahrhunderts ein, um Probleme des 21. Jahrhunderts zu lösen – und wundern sich dann, wenn es nicht funktioniert. Was er damit meint, ist, dass der Aufbau der weitverbreiteten Arbeitsbedingungen, wie beispielsweise feste Arbeitszeiten, genaue Überwachung durch den Vorgesetzten oder Stundenzähler, auf die Zeiten der Fliessbandarbeit zurückzuführen sind. Um die damalige Arbeit zu verrichten, mussten Mitarbeiter weder selber Mitdenken, noch mussten sie sonderlich motiviert sein. Mitarbeiter mussten für ihre Arbeit finanziell belohnt werden, und dann erbrachten sie die erwünschte Leistung. Diese Strategie funktioniert sehr gut solange die Arbeit einfach ist. Wissenschaftliche Studien konnten seither jedoch aufzeigen, dass solche Arbeitsbedingungen eher schädlich sind sobald für eine Aufgabe kreatives Denken benötigt wird – wie das bei den allermeisten heutigen Berufen der Fall ist. Eine der besten Voraussetzungen um eigenständig und kreativ zu arbeiten entsteht durch die Möglichkeit, selbständig Entscheidungen treffen zu können, vor allem auch bezüglich wie, wann und wo genau die eigene Arbeit erledigt wird.

Freiheit, eigene Ideen zu entwickeln

Was gibt es für Alternativen zu den geläufigen Arbeitsbedingungen, die den Mitarbeiter zum eigenständigen, kreativen Denken motivieren können? Ein Ansatz, der bei Google erfolgreich eingesetzt wird, ist die „Innovation Time Off“. Danach kann sich jeder Mitarbeiter 20 Prozent seiner Zeit mit selbstgewählten Projekten und Ideen beschäftigen. Einen Hinweis darauf, dass dieser Ansatz das Entstehen von kreativen Ideen unterstützt, liefert die Tatsache, dass die Ideen für rund die Hälfte aller Google-Produkte in dieser Zeit entstanden sind. Dem ähnlich sind die FedEx-Days des Australischen Unternehmens Atlassian, an welchen das ganze Unternehmen regelmässig für 24 Stunden die normale Arbeit beiseite legt und jeder an einem völlig frei wählbaren Projekt arbeitet. Atlassian hatte bis jetzt so gute Erfahrungen mit dieser Taktik, dass sie nun auch Projekte mit 20% freier Zeit, ähnlich wie Googles „Innovation Time Off“, eingeführt haben.

Die Freiheit, eigene Ideen zu entwickeln, scheint also hilfreich zu sein, um kreatives Denken zu fördern. Wann aber entstehen unsere besten Ideen? Laut Steven Johnson, einem Schriftsteller zum Thema, entstehen unsere besten Ideen im Austausch mit anderen, nämlich dann, wenn wir unsere eigenen Ansätze mit dem Wissen anderer kombinieren können. Als Beispiel nennt er die Erfindung der GPS-Technologie, die Erfindung also, die Navigationsgeräte möglich machte: Die Idee für GPS entstand in einer Mittagsdiskussion einiger Physiker.

Falls Ihr Unternehmen Ihnen also nicht gerade 20 Prozent Ihrer Arbeitszeit für Ihre kreativen Ideen frei zur Verfügung stellt, können Sie wenigstens diesen letzten Ansatz selber umsetzen: Holen Sie sich einen Kaffee und einen oder zwei Kollegen und reden Sie über Ihre Ideen. Wer weiss? Mit etwas Glück erfinden Sie schon bald das Navigationsgerät der Zukunft.

Michael F. Gschwind, Psychologe und Coach FSP, unterstützt Personen in beruflichen Veränderungsprozessen und Organisationen im Bereich Teamentwicklung und Arbeitszufriedenheit. > www.mfgschwind.ch