Nachfolgeregelung

Nachfolgeregelung

FRAGE: «Ich leite seit 25 Jahren ein sehr erfolgreiches Familienunternehmen. Es ist uns als Familie wichtig, dass das Unternehmen in unserem Besitz bleibt. Deshalb will ich meine Nachfolge frühzeitig regeln und die Geschäftsleitung bald meiner Tochter übertragen. Wie packe ich das am besten an?»

ANTWORT: Man versteht unter einem Familienunternehmen eine Wirtschaftsorganisation, die sich teilweise oder ganz im Eigentum einer Familie oder eines Familienverbandes befindet. Die familiären Interessen sind mit den Unternehmensinteressen zwangsläufig mehr oder minder miteinander verquickt. In Deutschland und der Schweiz sind über 70 Prozent der Firmen Familienunternehmen. Viele überleben den Übergang von der ersten zur zweiten Generation nicht, weil die Nachfolge nicht geregelt werden kann. Meist scheitert diese nicht aus ökonomischen oder juristischen, sondern aus familiendynamischen Gründen. Deshalb ist es ausserordentlich wichtig, den psychologischen «Ablösungsprozess» in den unternehmerischen Prozess zu integrieren.

FALLBEISPIEL. Frau Müller (Name geändert) war in einem kleinen Familienunternehmen in Zug für die Nachfolge vorgesehen. Mit einem Wirtschaftsstudium in der Tasche schien sie für diese Rolle wie geschaffen zu sein. Um sich auf die Übernahme der Nachfolge vorzubereiten, arbeitete sie als Assistentin der Geschäftsleitung im Familienunternehmen. Der Geschäftsführer, zugleich ihr Vater, war für die Nachfolgeregelung verantwortlich. Als «Patron» alter Schule war er der Überzeugung, genau zu wissen, wie sein Unternehmen zu führen sei. Für neue Ideen, welche die Tochter einbrachte, war er kaum ansprechbar. Alles was sie anpackte, kommentierte er kritisch. Auch bekundete er Mühe, sie an wichtigen Meetings teilnehmen zu lassen, weil er befürchtete, dass seine Rolle als «Patron» infrage gestellt würde. Durch die unterschiedlichen Erwartungen von Vater und Tochter, nämlich Verantwortungsübernahme versus Abgabe von Verantwortung, entstand ein Konflikt, der darin mündete, dass die Tochter sich gegen das Familienunternehmen und für eine externe Führungsposition entschied.

VERÄNDERUNGSWILLE. Der Fall ist beispielhaft für ein häufiges Problem bei Nachfolgeregelungen in Familienunternehmen. Der Unternehmer hat grosse Mühe, seine Position abzugeben, da er sich zu hundert Prozent mit dem Unternehmen identifiziert. Innovationen sind ihm suspekt, seine Rolle als bisheriger Alleinherrscher sieht er in Gefahr. Damit eine Nachfolgeregelung in der Familie jedoch klappt, braucht es Offenheit für Neues, Mut, die Machtposition schrittweise abzugeben und Vertrauen in die nächste Generation. Eigeninteressen sollten im Interesse der Nachfolgeregelung zurückgestellt werden.
Ist die Situation eskaliert, aber dennoch nicht hoffnungslos, hilft eine fachkompetente Mediation, um eine faire und gemeinsame Lösung zu finden. Mit Hilfe dieser werden die für die Nachfolge wichtigen Kriterien und Strategien aus Sicht der beteiligten Parteien definiert und gemeinsam verhandelt, so dass beide Seiten mit dem Ergebnis zufrieden sind. Der «Patron» definiert die Art und Weise, wie er sich würdevoll aus dem Unternehmen zurückziehen kann und welche Rolle er danach einzunehmen gedenkt. Die Nachfolgerin zeigt auf, wie sie ihre Rolle definieren möchte und was sie vom «Patron» an Unterstützungsleistungen erwartet. Beide vereinbaren, wie sie allfällige Konflikte angehen möchten, um künftige Eskalationen zu vermeiden. Das Alte wie auch das Neue werden gewürdigt und haben im Unternehmen ihren Platz. Wenn beide Seiten das übergeordnete Ziel vor Augen haben, nämlich die Weiterführung des Familienunternehmens, gelingt die Übergabe an die nächste Generation.

Michael F. Gschwind, Psychologe FSP, unterstützt als Laufbahnberater und Coach SSCP Personen in beruflichen Veränderungsprozessen. www.mfgschwind.ch