Nischen bleiben wichtig

Nischen bleiben wichtig

FRAGE: Wir bewegen uns laut den Medien auf eine Rezession zu, in der die Arbeitslosigkeit mit grosser Wahrscheinlichkeit ansteigen wird. Es wird zunehmend ein Wettbewerb um die freien Arbeitsplätze stattfinden. Da der Arbeitsmarkt in vielen Bereichen jedoch gesättigt ist, wird es wohl schwer sein, eine passende Stelle zu finden. Was raten Sie mir, welche Strategie ist bei der Stellensuche oder bei der Suche nach einem neuen Tätigkeitsfeld im 2009 erfolgversprechend?

ANTWORT: Was im 2009 auf dem Arbeitsmarkt alles geschehen wird, ist zurzeit noch nicht genau abschätzbar. Ich bin jedoch überzeugt, dass flexible und kreative Personen, die sich ihren Stärken und Kompetenzen bewusst sind und die diese auch in neuen Arbeitsfeldern einbringen wollen, im 2009 und darüber hinaus beruflich erfolgreich sein werden. Was Sie nicht tun sollten, ist, dem Herdentrieb folgen und sich dort bewerben, wo es alle Stellensuchenden mit grosser Wahrscheinlichkeit tun werden. Suchen Sie sich unbekannte, jedoch erfolgreiche Firmen mit Wachstumspotential oder – noch besser – versuchen Sie zu erkennen, in welchen neuen Arbeitsfeldern Ihre Kompetenzen und Fähigkeiten gefragt sein werden und wie Sie diese dort gewinnbringend einsetzen können.

DARWIN LÄSST GRÜSSEN. In der Natur sind jene Lebewesen erfolgreich, die eine ökologische Nische besetzen, also ein Lebensraum, in dem sich noch keine Konkurrenten befinden und kein Kampf um Ressourcen wie Nahrung stattfindet. Das Konzept der Nische geht auf Charles Darwin zurück. Er führte den Begriff der «ökologischen Nische» 1859 im Rahmen seiner Evolutionstheorie ein. Darwin bezeichnet damit die Position und Rolle einer Art innerhalb ihrer Umwelt. Die Art, die sich am besten an die Umweltbedingungen anpasst, überlebt. Die ökologische Nische wird populärwissenschaftlich auch als der «Beruf» eines Lebewesens bezeichnet. Übertragen auf die Stellensuche beziehungsweise auf die Suche nach einer neuen Tätigkeit, bedeutet dies: Wer sich in ein neues, noch nicht von Konkurrenten besetztes Umfeld einnischt und dort seine Fähigkeiten, abgestimmt auf die vorhandenen Ressourcen, optimal einsetzt, kann in diesem Arbeitsumfeld sehr erfolgreich sein. Wie Mark Brownstein beispielsweise. Er geht einer Tätigkeit nach, die nur wenige Menschen ausüben: Marc ist Foodhunter (Nahrungsmitteljäger). Er durchforstet verschiedene Länder fernab der Zivilisation auf der Suche nach kulinarischen Schätzen, wie beispielsweise unbekannten Wurzeln, Nüssen oder Früchten. Er nimmt Kontakt zur Urwaldbevölkerung auf und befragt diese nach ihren Essgewohnheiten und den verwendeten Nahrungsmitteln. Marc schaut ihnen zu, wie sie Nahrung zubereiten, dann kocht er die Rezepte nach oder kreiert daraus neuartige Rezepte. Die besonders schmackhaften Nahrungsmittel und die erfolgsversprechendsten Rezepte bietet er Spitzenköchen der Luxusrestaurants von New York, Bangkok und Singapur an, die dann damit ihre anspruchsvolle Kundschaft überraschen. Mit dieser Arbeit ist er sehr erfolgreich. Vor allem deshalb, weil sie seinen Fähigkeiten (guter Geschmackssinn) und Kompetenzen (guter Koch) sowie seiner Persönlichkeit (experimentierfreudig) entsprechen, aber auch deshalb, weil dieser Job nur wenige ausüben (weil dieses Arbeitsfeld quasi Neuland ist).

Dies ist sicher eine aussergewöhnliche Tätigkeit. Sie führt jedoch zu ein paar Überlegungen, die Ihnen helfen, die richtige Strategie zu definieren: Welche Stärken, Fähigkeiten beziehungsweise Kompetenzen besitzen Sie? Welche ökonomischen Nischen sind noch nicht besetzt? Welche haben ein grosses Wachstumspotential und in welchen können Sie Ihre Kompetenzen einbringen, um beruflich erfolgreich zu werden?

Michael F. Gschwind arbeitet als Psychologe FSP und Coach SSCP in der mfgschwind human consulting. www.mfgschwind.ch