Standortbestimmung

Standortbestimmung

Laufbahn überdenken

FRAGE: Uns wurde mitgeteilt, dass unsere Firma aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise 15% des Personals abbauen wird. Da es auch mich treffen kann, möchte ich diese Situation nutzen und eine Auslegeordnung durchführen. Ich möchte herausfinden, welche Alternativen zu meinen bestehenden beruflichen Möglichkeiten bestehen und wie ich die Wirtschaftskrise gut überstehen kann. Welche Vorgehensweise empfehlen Sie, welche Fragen würden Sie mir in der Laufbahnberatung stellen?

ANTWORT: Während Wirtschaftskrisen finden immer wieder grosse Innovationssprünge statt. In den 70er-Jahren zum Beispiel bastelten Bill Gates und Paul Allen an einem vernünftigen Betriebssystem für Mikrocomputer, und Steve Jobs setzte seine Vision, alle Menschen sollten über einen Computer verfügen, um. Als im März 2000 die Dotcom-Blase platzte, werkelten Sergey Brin und Larry Page an einer Suchmaschine namens Google. Sie und andere sind in Krisenzeiten nicht ins Jammertal hinunter gestiegen, sondern haben nachgedacht. «Was brauchen Menschen an Dienstleistungen und Produkten, welchen Beitrag können wir leisten, diese zu erschaffen, und welche von unseren Fähigkeiten wollen wir hierzu einsetzen?» Ohne dieses Nachdenken über eigene Stärken und über das, was der Markt brauchen könnte, gäbe es vielleicht kein WindowsBetriebssystem, keinen Apple-Computer und keine Google-Suchmaschine.

ZEIT ZUM NACHDENKEN. Heute stecken wir wieder tief im Sumpf einer Krise fest. Viele Menschen sorgen sich zu Recht um ihren Arbeitsplatz, weil den Firmen in Krisenzeiten nicht viel mehr als Arbeitsplatzabbau oder Kurzarbeit einfällt. Betroffene Mitarbeitende stecken dann aber leider zu oft den Kopf in den Sand und hoffen, dass die Krise an ihnen vorbeizieht, wie eine Gewitterwolke am fernen Horizont. Sie verhalten sich ganz nach dem Prinzip: jetzt ja nicht auffallen, keine Forderungen stellen, sich in Arbeit stürzen, auch wenn es nichts zu tun gibt. Wäre es da nicht besser, die Perspektive zu wechseln, den Kopf in den Wind zu halten und nachzudenken: «Was kann ich für mich und die Firma in dieser Krisenzeit tun, welche Prozesse können wir optimieren, welches zusätzliche Wissen bringt mich und die Firma weiter, wo entstehen neue Märkte, die es ja nicht zu verpassen gilt?» Die Geschichte lehrt uns, dass Wirtschaftskrisen rund 2- 3 Jahre dauern und dann ein Aufschwung folgt. Und auf diesen sollten wir vorbereitet sein.

PLAN B. Gerade jetzt tun sich Chancen auf. Der Zeitpunkt ist günstig, das Alte zu überdenken und den Fokus auf das Neue, auf die Zeit nach der Krise zu legen. Gehen wir also ins Labor und öffnen wir den Raum für neue Ideen. «Was kann ich (oder unsere Firma) gut, was könnte sie oder ich noch besser tun? Welche meiner Stärken möchte ich ausbauen, für die Firma oder für meine eigene berufliche Zukunft? Habe ich genügend Kompetenzen, um im Arbeitsmarkt attraktiv zu bleiben, und falls nein, welches Wissen und Können sollte ich mir aneignen?» Weiter würde ich Ihnen auch folgende Fragen stellen: «Tun Sie eigentlich das, was Sie wirklich gut können und gerne machen oder arbeiten Sie nur so vor sich hin, ziellos und passiv? Gibt es Ideen, die Sie schon lange mit sich herumtragen? Wäre nicht jetzt der richtige Zeitpunkt, diese umzusetzen? Was oder wer hindert Sie daran (Sie sich selbst, die Firma)? Wie können Sie trotz Hindernissen Ihre Ideen konkretisieren und verwirklichen? Wer würde Sie dabei unterstützen?» Stellen Sie sich selbst Fragen dieser Art, öffnen Sie den Raum für Ideen. Sie werden neue berufliche Möglichkeiten entdecken und damit für die Zeit in der Krise und dann, wenn der Aufschwung beginnt, gewappnet sein.

Michael F. Gschwind arbeitet als Psychologe FSP und Laufbahncoach SSCP in der mfgschwind human consulting. www.mfgschwind.ch