Unternehmenskultur

Unternehmenskultur

FRAGE: «Ich bin kurz davor, meinen neuen Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Alles stimmt: das Aufgabengebiet, die Herausforderung und der Lohn. Irgendwie werde ich aber das Gefühl nicht los, dass die Unternehmenskultur nicht zu meinen Werten und Einstellungen passt. Wie kann ich herausfinden, welche Unternehmenskultur für mich die richtige ist?»

ANTWORT. Das Konzept der Unternehmenskultur wurde ab den 60er-Jahren von Blake & Mouton und später vor allem vom Organisationspsychologen Edgar H. Schein diskutiert. Der Begriff Unternehmenskultur (Corporate Culture) beinhaltet die gemeinsamen und bindenden Werte, Normen und Einstellungen eines Unternehmens oder einer Organisation, die das Verhalten der Mitarbeitenden auf allen Hierarchieebenen beeinflussen und prägen. Sie sind als Leitsätze, Visionen oder Unternehmensphilosophie in den Imagebroschüren und auf den Internetseiten der Unternehmen zu finden und beabsichtigen, einen positiven Eindruck über das Unternehmen zu hinterlassen. Von den gedruckten sind die wirklich an den Tag gelegten Werte und Normen zu unterscheiden. Hier entsteht manchmal der Eindruck, dass gelebte und gedruckte Werte und Normen weit auseinanderklaffen.
Um herauszufinden, ob die Unternehmenskultur zu Ihnen passt, empfehle ich Ihnen, dass Sie sich zuerst über Ihre eigenen Werte, Normen und Einstellungen klar werden. Diese wurden uns zum grossen Teil durch die Erziehung vermittelt. Wir sind stark geprägt durch die Familienkultur. Fragen Sie sich: «Wie wichtig ist mir Harmonie?», «Fühle ich mich besser in einem Team aufgehoben oder bin ich der Einzelkämpfer?», «Bin ich eher leistungsorientiert oder will ich mich eher sozial engagieren?»

DREI DIMENSIONEN. Unternehmenskulturen lassen sich mittels den Dimensionen Strategie, Struktur und Interaktion beschreiben und unterscheiden. Ich zähle Ihnen einige Unterscheidungsmerkmale auf, damit Sie herausfinden können, welche Kultur zu Ihnen passt. Sammeln Sie aber zuerst alle Informationen über das Unternehmen (vor allem die inoffiziellen aus Zeitungsartikeln, Blogs, ihrem Freundeskreis) und beantworten Sie dann folgende Fragen.
Strategieebene: Handelt es sich um ein profit- oder sozialorientiertes Unternehmen? Ist es veränderungsorientiert (innovativ) oder stabilitätsorientiert (konservativ)? Ist es qualitätsorientiert oder auf Quantität aus?
>Strukturebene: Zeichnet sich das Unternehmen durch eine starke oder eine schwache Hierarchie aus; durch eine hohe oder niedrige Leistungsorientierung; durch einen bürokratischen oder unbürokratischen Führungsstil; durch eine hohe oder niedrige Beziehungsorientierung (hängen Karrieremöglichkeiten von Beziehungen oder von der Leistung ab)?
>Interaktionsebene: Ist das Unternehmen eher fehlerkritisch (Schuldige werden gesucht) oder fehlerfreundlich (Fehler sind erlaubt); hat die Mitarbeiterinformation einen hohen oder geringen Stellenwert; setzen die Führungskräfte grosses oder geringes Vertrauen in die Mitarbeiter; werden die Mitarbeiter an Entscheidungen beteiligt; ist der Führungsstil eher kooperativ oder autoritär; werden Konflikte angesprochen oder unter den Teppich gekehrt; zeichnet sich die Firma durch Teamorientierung oder Einzelkämpfertum aus, ist das Verhältnis zwischen Mitarbeitern durch Kooperation oder Konkurrenz geprägt; wie hoch ist das Vertrauen in die Führungskräfte? Vergleichen Sie diese Merkmale mit den für Sie bestimmenden Werten, Normen und Einstellungen. Bei grosser Übereinstimmung passen Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Unternehmen.

Michael F. Gschwind, Psychologe FSP, unterstützt als Laufbahnberater und Coach SSCP Personen in beruflichen Veränderungsprozessen.> www.mfgschwind.ch