Von Optimisten und Pessimisten

Von Optimisten und Pessimisten

Von Optimisten und Pessimisten

Frage: „Meine Freunde sagen mir oft ich sei ein hoffnungsloser Pessimist. Nun habe ich letzthin gelesen, dass Pessimisten beruflich weniger erfolgreich seien als Optimisten. Ist dem wirklich so? Und wenn ja, gibt es auch Vorteile Pessimist zu sein?“

Antwort: Die Kurzantwort auf Ihre erste und zweite Frage lautet beide Male ja. Optimisten sind tatsächlich erfolgreicher, sowohl beruflich, als auch anderswo. Pessimissmus hat aber definitive Vorteile, vor allem im beruflichen Kontext. Um Ihre Fragen genauer zu beantworten, zuerst die Erklärung, was überhaupt unter Optimismus und Pessimismus verstanden wird. Optimismus ist nichts anderes als der Glaube, zukünftige Situation erfolgreich bewältigen zu können. Anders gesagt: Optimisten sehen die Welt und vor allem die Zukunft durch eine rosarote Brille. Pessimismus hingegen ist der Glaube, dass zukünftige Situationen nicht bewältigt werden können und alles höchstwahrscheinlich nicht gut ausgehen wird.

Der erfolgreiche Optimist. Überlegen Sie sich nun, ob Sie wirklich ein Pessimist sind. Genau genommen sind nämlich die allermeisten Menschen zumindest zu einem gewissen Grade Optimisten. So glaubt kaum einer bei der Hochzeit, dass er sich einmal scheiden lassen wird, auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür bei fast 50 Prozent liegt. Die meisten Menschen halten sich selbst für überdurchschnittlich freundlich und ihre Kinder für überdurchschnittlich begabt. Weshalb diese Selbsttäuschung? Tatsächlich kann Optimismus uns helfen, unsere Ziele zu erreichen, egal ob dieses Ziel eine glückliche Beziehung, eine gutbezahlte Stelle oder etwas ganz anderes ist.

Menschen, die besonders optimistisch sind, fühlen sich viel mehr von ihrem Partner unterstützt und achten auch mehr auf dessen positive Eigenschaften. Dadurch wertschätzen sie ihren Partner mehr und arbeiten härter an der Beziehung. Dies trägt wiederum zum Beziehungsglück bei.

Auch im beruflichen Kontext fühlen sich besonders optimistische Personen eher unterstützt. Ausserdem empfinden sie ihre eigene Arbeit als wichtig und arbeiten deshalb härter und länger. Ihre positive Zukunftseinstellung führt dazu, dass sie sich mehr zutrauen und dadurch lösungsorientierter und motivierter Probleme angehen. Diese Haltung verhilft zum beruflichem Erfolg. Jedenfalls fanden verschiedene Studien, dass optimistische Menschen mehr verdienen und mit ihrer Arbeit zufriedener sind.

Der kluge Pessimist. Optimismus hat jedoch auch seine Schattenseiten. Wie der WirtschaftsNobelpreisträger Daniel Kahneman argumentiert, führt allzu viel Optimismus in Unternehmen zu schwerwiegenden Problemen in der Finanzwelt. Wird nämlich bei der Projektplanung nur auf die positive Seite Wert gelegt, können wichtige Kritikpunkte übersehen werden. Eine pessimistischere Sichtweise wäre deshalb während Planungsphasen sehr wertvoll, da Pessimisten auf Fehler und Risiken hinweisen und auch auf Gründe, weshalb eine gewisse Idee überhaupt nicht gut ist. Überlegen Sie sich selbst: Wen hätten Sie bei der Planung der Sicherheit eines Kernkraftwerkes lieber am Ruder - einen Optimisten oder einen Pessimisten?

Was ist besser? Ist es nun besser Pessimist oder Optimist zu sein? Schlussendlich haben wir beides in uns, den Optimisten und den Pessimisten. Lernen Sie, jeden zum richtigen Zeitpunkt auszuspielen und Sie können sowohl von der positiven Weltsicht des Optimisten und der klugen Vorsicht des Pessimisten profitieren.

Michael F. Gschwind, Psychologe FSP, unterstützt als Laufbahnberater und zertifizierter Coach Personen in beruflichen Veränderungsprozessen und Unternehmen im Bereich der Arbeitszufriedenheit. www.mfgschwind.ch Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Sharon Steinemann, Fakultät für Psychologie Basel.